„Ich glaube, ich brauche einen Psychologen…!“
Von der Verwirrung im Dschungel der Professionen: Was unterscheidet Psychiater, Psychologe, Psychotherapeut und Heilpraktiker für Psychotherapie voneinander?
In meinem Alltag, privat wie beruflich, begegnen mir immer wieder Ratsuchende, denen es schwer fällt, den richtigen Behandler oder Berater für sich zu bestimmen, geschweige denn, zu finden. Neben einem grundsätzlichen Mangel an Versorgungsangeboten ist es im Dschungel der sehr ähnlich klingenden Begrifflichkeiten nicht leicht, die Orientierung zu behalten und eine passende Wahl zu treffen. Deshalb beschäftigt sich mein heutiger Artikel mit der Frage nach den Unterschieden zwischen Psychiater, Psychologe, Psychotherapeut und Heilpraktiker für Psychotherapie:
Was ist ein Psychiater?
Der Psychiater hat ein Medizinstudium absolviert. Er ist also Arzt und hat sich im Anschluss mittels einer Facharztausbildung weiterqualifiziert. Korrekt formuliert heißt die Berufsbezeichnung deshalb: „Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie“. Hierdurch ist er in der Lage und auch rechtlich befugt, psychische Krankheitsbilder zu diagnostizieren, medikamentös zu behandeln, Klinikeinweisungen vorzunehmen, Krankenscheine auszustellen und seine Leistungen mit den Krankenkassen abzurechnen. Klassische Psychotherapie, in Form von längeren Gesprächen, findet hier meist (schon aus Kapazitätsgründen) eher nicht statt. Ausnahmen sind natürlich möglich.
Was ist ein Psychologe, was ein Psychologischer Psychotherapeut?
Der Psychologe hat ein Psychologiestudium mit Diplom- oder Masterabschluss absolviert und anschließend die Möglichkeit, direkt in Bereichen wie Beratung, Diagnostik, Training oder auch in der Wirtschaft tätig zu sein. Er darf grundsätzlich erst einmal keine Diagnosen stellen sowie keine Rezepte oder auch Krankschreibungen ausstellen. Im Gesundheitsbereich kann er verschiedene Optionen der Weiterqualifizierung nutzen, um sein Tätigkeitsfeld zu erweitern. Hierbei stehen ihm die folgenden Möglichkeiten zur Verfügung:
Variante 1: Der Psychologe absolviert eine langjährige Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten und beantragt anschließend seine Approbation (Behandlungserlaubnis). Er darf damit Psychotherapie angestellt oder in eigener Praxis durchführen, d.h. psychische Krankheitsbilder (z.B. Depressionen, Ängste, Zwänge) diagnostizieren und behandeln sowie seine Leistungen bei den gesetzlichen oder privaten Krankenversicherungen abrechnen.
Die psychotherapeutische Behandlung findet meist im Rahmen von regelmäßigen 50-minütigen Gesprächen statt und kann mehrere Monate bis Jahre dauern. Sie zielt darauf ab, den Handlungsspielraum des Patienten durch das Erwerben neuer Strategien und Methoden im Umgang mit der Erkrankung und deren Auswirkungen zu erweitern sowie bestimmte krankheitsauslösende Ereignisse zu bearbeiten. Ziel ist es, eine Reduktion der Symptomatik zu erreichen. Oftmals arbeitet der Psychologische Psychotherapeut parallel zum Facharzt, der zum Beispiel ergänzende Medikamente verschreibt.
Momentan werden in Deutschland die folgenden Psychotherapieverfahren von den Krankenkassen finanziert: Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, analytische Psychotherapie sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Die systemische Therapie befindet sich gerade auf dem Weg, voraussichtlich ein Kassenleistungsverfahren zu werden.
Neben Psychologen können auch Ärzte verschiedener Fachrichtungen die Ausbildung zum approbierten (Ärztlichen) Psychotherapeuten absolvieren. Im Kinder- und Jugendbereich steht diese Möglichkeit auch Sozialpädagogen offen.
Variante 2: Der Psychologe absolviert eine Ausbildung in einem Psychotherapieverfahren, mit welchem er keine Approbation beantragen kann, welches also kein Kassenleistungsverfahren ist (z.B. Gesprächspsychotherapie, Gestalttherapie). Er hat damit aber die Möglichkeit, in einer Institution (z.B. Krankenhaus) angestellt zu arbeiten und/oder beim Gesundheitsamt seine Zulassung als „Heilpraktiker für Psychotherapie“ (siehe unten) zu beantragen, womit er eine Heilerlaubnis erhält. Er darf damit therapeutisch tätig sein, seine Leistungen jedoch nicht (oder nur in großen Ausnahmefällen) bei den Krankenversicherungen abrechnen und sich auch nicht „Psychotherapeut“ nennen.
Diese Therapieverfahren können im Übrigen auch von anderen sozialen Berufsgruppen (z.B. Sozialpädagogen) erlernt und ausgeführt werden.
Variante 3: Der Psychologe wendet sich nicht der Behandlung psychischer Krankheitsbilder zu und bildet sich stattdessen in den Bereichen: Beratung, Coaching, Training, Supervision o.ä. weiter. Er erhält dadurch keine Heilerlaubnis und braucht diese auch nicht. Er arbeitet auf angestellter oder freiberuflicher Ebene mit seinen Klienten. Die Themen sind hierbei zum Beispiel Beratung in besonderen Lebenslagen, Prävention, Konfliktklärung, Strategie- und Lösungssuche, Verhaltensänderung, Paar- und Erziehungsberatung oder Entspannung.
Auch diese Leistungen sind nicht über die Krankenversicherungen finanzierbar, da es sich nicht um Heilbehandlungen handelt.
Zusammenfassend ist also zu sagen: ob ein Psychologe Heilbehandlungen durchführen darf hängt davon ab, ob er über eine Heilerlaubnis verfügt oder nicht. Diese kann er auf zwei Wegen erhalten: per Approbation oder durch die Beantragung der Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde auf dem Gebiet der Psychotherapie. Mit den gesetzlichen Krankenkassen können in der Regel jedoch nur die Psychologischen oder Ärztlichen Psychotherapeuten (also diejenigen mit Approbation) abrechnen. Ausnahmen gibt es in Regionen mit extrem schlechter Versorgungslage oder bei Vorhandensein entsprechender Zusatzversicherungen.
Achtung, der Begriff „Psychologsicher Berater“ ist nicht geschützt!
Die Begriffe „Psychologe“ und „Psychotherapeut“ sind gesetzlich geschützt und dürfen – ohne entsprechende Ausbildung – nicht einfach so genutzt werden. Es gibt aber auch ähnlich klingende Begriffe, die zur Verwirrung führen können und aus werbetechnischen Gründen manchmal auch dazu führen sollen. So dürfte sich in Deutschland zum Beispiel jeder „Psychologischer Berater“ oder „Coach“ nennen – ohne eine entsprechende Ausbildung nachweisen zu müssen. Bei der Auswahl des passenden Behandlers ist also auf den entsprechenden Grundberuf und auf die zum Anliegen bzw. Thema passende Qualifikation zu achten.
Was ist ein Heilpraktiker für Psychotherapie?
Die Bezeichnung Heilpraktiker für Psychotherapie/Heilpraktiker beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie beschreibt (im Gegensatz zu Arzt und Psychologe) keinen konkreten Grundberuf. Stattdessen handelt es sich dabei um die behördliche Bestätigung, dass eine Heilerlaubnis vorliegt. Diese wird in einem bürokratischen Vorgang vom Gesundheitsamt geprüft und unter bestimmten Voraussetzungen erteilt. In Deutschland kann diese jeder beantragen, der
- mindestens 25 Jahre alt ist
- mindestens einen Hauptschulabschluss hat
- ein einwandfreies Führungszeugnis vorlegen kann
- ein ärztliches Attest über die körperliche und psychische Gesundheit erhält
Jeder, der diese Anforderungen erfüllt, kann im Rahmen einer Prüfung beim Gesundheitsamt nachweisen, dass er das entsprechende Grundwissen hat, um keine „Gefahr für die Volksgesundheit“ darzustellen.
Theoretisch ist es also möglich, diese Bescheinigung ohne das Absolvieren einer spezifischen Fach-Ausbildung zu erhalten, wenn das entsprechende Prüfungswissen auf anderen Wegen erworben wurde. In der Regel haben Heilpraktiker für Psychotherapie jedoch an einer oder an mehreren Weiterbildung(en) zum Wissens- und Kompetenzerwerb teilgenommen bzw. sich in einem speziellen Verfahren weitergebildet. Besonders im Bereich alternativer Heilverfahren gibt es hier zahlreiche Angebote, die das Leistungsspektrum der Krankenversicherungen sinnvoll ergänzen können, jedoch privat finanziert werden müssen.
Gerade, weil die Möglichkeiten des Heilpraktikers für Psychotherapie so unterschiedlich sind, ist es für Hilfesuchende hier besonders wichtig, auf die Ausrichtung der jeweiligen Qualifikation zu schauen und diese mit dem eigenen Beratungs-/Behandlungsbedarf abzugleichen.
Wie finde ich den richtigen Berater oder Behandler?
Das Internet bietet in vielen Fällen die Möglichkeit, sich über Behandler oder Berater im Vorfeld zu informieren. Die meisten Anbieter haben Internetseiten, auf denen sie ihre Arbeitsweise beschreiben. Lassen Sie sich hierbei nicht von schönen Designs leiten und achten Sie stattdessen auf die Angaben zur Person in punkto Ausbildung sowie Erfahrung. Sollten Sie hier keine aussagekräftigen Informationen finden, dann fragen Sie unbedingt nach den fachlichen Grundlagen, bevor Sie eine Leistung in Anspruch nehmen. In jedem Fall lohnt es sich, Zeit in die Recherche zu investieren und gut auszuwählen.
Die Empfehlung durch Freunde und Bekannte kann in manchen Fällen Sinn machen, um an einen seriösen Berater/Behandler zu geraten und direkt zu erfahren, welche Vorgehensweise dieser wählt. Beachten Sie dabei jedoch, dass die Arbeit an sehr persönlichen Themen immer auch eine entsprechende „Wellenlänge“ voraussetzt, weshalb nicht jeder Klient gleich gut mit jedem Berater/Behandler zurechtkommen wird. In vielen Gebieten existieren auch lange Wartezeiten, welche vor allem die von den Krankenkassen finanzierten Angebote betreffen. Rechnen Sie gegebenenfalls mit einem zeitlichen Puffer und melden Sie sich rechtzeitig an. Bei Angeboten für Selbstzahler erhalten Sie in der Regel schneller einen Termin.
Die Beantwortung der folgenden Fragen kann Ihnen zusätzlich helfen, um bei der Suche nach dem passenden Angebot einen Schritt weiterzukommen:
- Welches Ziel verfolge ich mit der Behandlung/Beratung?
- Welche Themen möchte ich klären oder bearbeiten?
- Liegt eine (psychische) Erkrankung vor, die behandelt werden soll oder suche ich ein Beratungsangebot?
- Welche Haltung habe ich gegenüber der Einnahme von Medikamenten?
- Welchen Behandlungsumfang stelle ich mir vor?
- Wie stehe ich zu alternativen Heilmethoden?
- Bin ich bereit und in der Lage, die Behandlung mit eigenen Mitteln zu finanzieren?
- Wie schnell benötige ich einen Termin?